Real Death – Teil 1
Es würde ein Heimspiel werden. Aber nicht für sie. Jemand anderes war heute der Star im HexaDome der Tunguska Arena. Und sie selbst? Sie wurde es langsam müde wieder und wieder in die Arena zu steigen.
Denn der HexaDome war eine Perversion. Oder vielleicht auch nur Ausdruck der Perversion der Massen.
Nachdem vor Jahrzehnten das Silk im Machtbereich des Haqqislam entdeckt und nutzbar gemacht worden war und Menschen ihr Bewusstsein und ihre Erinnerungen, ihre gesamte Identität, in Cubes abbilden und auf diese Weise sichern konnten, bedeutete ein menschliches Leben nicht mehr viel oder zumindest das Leben des Körpers, mit dem der Cube verbunden war.
Denn auch wenn der Körper stirbt, stirbt die Person, die über einen Cube verfügt, nicht. Der Cube kann einfach in einem neuen Körper eingesetzt werden. Kann. Die Frage ist dabei nur, ob man sich diesen Transfer leisten kann und auch, welchen neuen Körper das Budget hergab: Einen günstigen normalen künstlichen Körper, einen Standard LHost, oder gar einen mit teuren körperlichen Upgrades. Die wirklich Reichen dagegen leisteten sich meist optimierte Klone ihrer selbst.
Aber Unsterblichkeit hatte seinen Preis. Und nicht immer nur einen, den man mit Credits bezahlen konnte. Psychologische Störungen aufgrund des langen Lebensalters oder der Erfahrungen beim Ableben des vorherigen Körpers brachten ihre eigenen Probleme mit sich.
Seltener dagegen kam ein echter Tod vor, wenn der Cube beim Ableben des Körpers zu stark beschädigt oder gar zerstört wurde. Ein solcher Fall wurde dementsprechend streng verfolgt und bei Vorsatz hart bestraft. In manchen Systemen der Human Sphere galt hierfür sogar die Todesstrafe.
Im HexaDome wird dieses Konzept nun auf die Spitze getrieben und das technisch mögliche ausgeschöpft. Wenn jemand in der Arena stirbt – und der Teilnehmer es sich leisten kann -, wird der Cube sofort extrahiert und in einen neuen Körper implantiert. Mit einigen Anpassungsschwierigkeiten und eventuellem Trauma des vor wenigen Augenblicken stattgefundenen Todes ist man damit sofort wieder einsatzbereit und kann weiter teilnehmen und… auch wieder und wieder sterben.
Das brachte eigene Probleme mit sich und nicht wenige dieser Sportler waren abhängig, von Drogen, Glückspiel oder extremen Konsum und ausgemachte Narzissten.
Früher war Aristeia!, diese sogenannte Sportart, im HexaDome lediglich durch Roboter und sogenannte Recreations, künstlich geschaffene Menschen, ausgeführt worden. Doch die Zuschauerquoten sanken nach einer Weile und Vissiorama, ein Unterhaltungskonzern und ehemaliger Sponsor von Aristeia!, dem zeitgleich das größte Mediennetzwerk der menschlichen Sphäre gehörte, entschied sich, auch echte Menschen im HexaDome zuzulassen, um die Massen bei Laune zu halten.
Seitdem hatte Aristeia! viele andere populäre Sportevents, vor allem im Esports-Bereich, wie die virtuelle Laser League, zum Umdenken und dem Einsatz von Menschen gezwungen und zu einem Boom von blutigen Veranstaltungen mit echten Menschen geführt, wie einem Battle Royale.
Doch all diese Events konnten nicht mit Aristeia! mithalten.
Es gab keinen Medienkanal in der Human Sphere ohne eine Sendung zu Aristeia!. Dazu permanent Livestreams aus den unterschiedlichen Arenen, Social-Media-Kanäle der Aristos und Merchandise für Billionen von Credits.
Die oberste Liga des Ganzen war die Prime League mit den Top-Stars des Sports.
Und an deren Spitze thronte sie, die Frau, die diesen Abend wieder einmal gestalten und dominieren würde: hEXx3r. Eine Nomad Hackerin, immer maskiert und meist in rote Gewänder gehüllt. Niemand wusste, wie sie in Wirklichkeit aussah. Dieses mysteriöse Auftreten gepaart mit ihren spektakulären Manipulationen des HexaDomes hatte sie zu einem der beliebtesten Aristos werden lassen. Und dies hatte sie selbst ihre schamlosen Provokationen gegen die größten Sponsoren von Aristeia! überleben lassen.
hEXx3rs Kopf neigte sich leicht in ihre Richtung und das beleuchtete einzelne Auge von hEXx3rs charakteristischer weißer Maske blitze kurz auf: „Na, Kleines? Was beschäftigt dich schon wieder?“
„Ach, nichts…“, antwortete sie.
„Du solltest dich konzentrieren, Kleines. Noch zwei Minuten“, erinnerte hEXx3r sie, um dann hinzuzufügen: „Wir können danach darüber sprechen. Doch würde ich ungern heute und in meiner Arena verlieren.“
Dies sagte sie so bestimmt und betont, dass es ihre Arena war, hier auf dem Nomads-Generationenschiff Tunguska, dass sie hEXx3r lieber nicht enttäuschen wollte. Sie war selbst ein Star und ihre Fans erwarteten einiges von ihr, schließlich waren es lediglich drei Wochen bis Saison-Ende und es lagen ein halbes Dutzend Aristos fast punktgleich auf der Siegesstraße.
Sie fegte ihre Gedanken beiseite und stretchte sich noch einmal. Dabei fiel ihr Blick auf ein junges Mädchen im gegnerischen Team. Ihr Name war Laura, wenn sie sich richtig entsinnen konnte. Im HexaDome nannte sie sich dagegen Storm. Sie wunderte sich, denn das Mädchen schien sehr nervös, sogar irgendwie verängstigt zu sein. Dies war eigentlich sehr ungewöhnlich in der Prime League, da dort nur die Profis mitmachten und schon einiges durchhatten. Zudem starb niemand mehr in den großen offiziellen Ligen, die mit sehr vielen Sicherheitsmaßnahmen darauf achteten, dass es keine realen Tode gab. Nicht so in den Ligen im Untergrund. Dort starb fast täglich jemand real.
Die einzigen Schwierigkeiten für die Profis waren der Stress, die körperlichen Schmerzen und die Todeserfahrungen, die Aristos zwangsläufig im HexaDome machten. Und auch sie nahm – wie sie es sich einredete – „Medikamente“ dagegen.
Der Lärm aus der Arena wurde immer lauter. Heute waren sehr viele Zuschauer, fast allesamt Nomads, auch tatsächlich physisch anwesend, um ihren Star zu sehen. Normalerweise wurden sie nur über Hologramme auf die Plätze projiziert, doch die Karten für das heutige Event waren innerhalb von 1,5 Sekunden ausverkauft gewesen. Es war auch ein politisches Statement. Dessen waren sich alle bewusst. Die Nomads Nation stand geschlossen nach den jüngsten Vorfällen am Sprungtor Wotan.
„Zehn!“ erscholl es aus den Lautsprechern und sie wurde abermals aus ihren Gedanken gerissen. Nun war die nächsten Minuten nur der Sport im Vordergrund. Die Zuschauermenge zählte den Countdown über die Stimme des Kommentators hinweg herunter.
Dann stieg dir Plattform ihres Teams in die Höhe und das Jubeln der Menge wurde lauter, als sie hEXx3r erblickten und das Team anfeuerten.
Sie, das waren ihre Mentorin hEXx3r, der legendäre Bahadur Final Boss, ein weiterer Nomad, ein Roboter namens Mecha-1 und sie selbst, die man in Aristeia! unter dem Namen Gata kannte.
Ihre Gegner waren die legendären Wild Bill, 8-Ball, Maximus und der Neuling Storm.
***
It would be a home game. But not for her. Someone else was the star in the HexaDome of the Tunguska Arena today. And herself? She was getting tired of going into the arena again and again.
Because the HexaDome was a perversion or maybe just an expression of the perversion of the masses.
Decades ago, after the silk had been discovered and made usable by the Haqqislam Nation and therefore people were able to map their consciousness and memories, their entire identity, in cubes and thus secure them, human life no longer meant much, or at least the life of the body that the cube was connected to.
Because even if the body dies, the person who has a cube does not die. The Cube can easily be used in a new body. The only question is whether you can afford this transfer and which new body the budget gave: a cheap normal artificial body, a standard LHost, or even one with expensive physical upgrades. The really rich, on the other hand, usually use their own optimized clones.
But immortality has its price. And not always just one that you could pay with credits. Psychological disorders due to long age or experiences with the previous body dying bring with them their own problems.
Real death, on the other hand, if the cube was damaged or even destroyed when the body died, was less common. Accordingly, such a case was strictly prosecuted and severely punished. In some systems of the Human Sphere, this even means the death penalty.
In the Hexadome, this concept has now being pushed to the extreme and the technically feasible has been exhausted. When someone dies in the arena – and the participant can afford it – the cube is immediately extracted and implanted in a new body. With some adjustment difficulties and possible trauma from the death that occurred just a few moments ago, you are immediately ready for action again and can continue to participate and… die over and over again.
This brought with it its own problems and quite a few of these athletes were dependent on drugs, gambling or extreme consumption and are most often narcissists.
In the past, Aristeia!, this so-called sport, was only carried out in the HexaDome by robots and so-called recreations, artificially created people. But the audience quota fell after a while and Vissiorama, an entertainment corporation owning the biggest media network in the Human Sphere and former sponsor of Aristeia!, decided to let real people into the HexaDome to keep the crowd happy.
Since then, Aristeia! has forced many other popular sporting events, especially in the esports area, such as the virtual Laser League, to rethink and use people, and has led to a boom in bloody events with real people, such as a battle royale.
But all of these events couldn’t keep up with Aristeia!.
There was no media channel in the Human Sphere without a show on Aristeia!. Plus live streams from various arenas, Aristos social media channels and merchandise for trillions of credits.
The top league of the whole was the Prime League with the top stars of the sport.
And at the top she sits in state, the woman who would shape and dominate this evening again: hEXx3r. A Nomad hacker, always masked and mostly wrapped in red robes. Nobody knew what she really looked like. This mysterious appearance coupled with her spectacular manipulations of the HexaDome had made her one of the most popular Aristos. And that had let her survive her shameless provocations against Aristeia’s biggest sponsors.
hEXx3r’s head tilted slightly in her direction and the illuminated single eye of hEXx3r’s characteristic white mask flashed briefly: „Well, little one? What is bothering you again?“
„Oh, nothing …“ she replied.
„You should concentrate, little one. Two more minutes,“ hEXx3r reminded her, then added, „We can talk about it afterwards. But I would hate to lose today and in my arena.“
This she said so firmly and emphasized that it was her arena here on the Nomads generation ship Tunguska that she did not want to disappoint hEXx3r. She was a star herself and her fans expected a lot from her, after all, it was only three weeks until the end of the season and half a dozen Aristos were almost on point on the road to the victory and the Bahadur title.
She brushed her thoughts aside and stretched again. Her eyes fell on a young girl in the opposing team. Her name was Laura if she could remember correctly. In the HexaDome, however, she called herself Storm. She was confused because the girl seemed very nervous, even kind of scared. This was actually very unusual in the Prime League, since only the professionals participated and had already gone through a lot. In addition, nobody died in the big official leagues, which took great care to ensure that there were no real deaths. Not so in the underground leagues. Someone died there almost every day.
The only difficulties for the professionals were the stress, the physical pain and the death experiences that Aristos inevitably suffered in the HexaDome. And she also – as she told herself – took „medication“ against it.
The noise from the arena grew louder. Today a large number of spectators, almost all Nomads, were actually physically present to see their star. Usually they were only projected onto the seats using holograms, but the tickets for today’s event were sold out within 1.5 seconds. It was also a political statement. Everyone was aware of that. The Nomads Nation stood closed after the Wotan jump gate affair.
„Ten!“ it popped out of the speakers and she was torn out of her thoughts again. For the next few minutes, only the sport was in the foreground. The crowd counted down the countdown over the commentator’s voice.
Then their team’s platform rose and the cheers of the crowd grew louder when they saw Hexxer and cheered for the team.
Her team was her mentor, hEXx3r, the legendary Bahadur Final Boss, another Nomad, a robot called Mecha-1, and herself, who was known in Aristeia as Gata.
Their opponents were the legendary Wild Bill, 8-Ball, Maximus and the newcomer Storm.
Bild: Corvus Belli
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